Hat die Champions League ihren Namen noch verdient?

Bis es um diesen Pott geht, müssen Fans eine Menge Gurken-Spiele ertragen

Es gab für mich viele Gründe, sich auf den Champions-League-Auftakt zu freuen. Ich versprach mir seit Monaten endlich mal wieder echten Fußball ohne Kompromisse…

Die EM war aufgebläht und die Vorrunde fast bedeutungslos. Das Olympia-Turnier (mit im Gegensatz zur EM immerhin mit einem spannenden Modus) war nur zweitklassig besetzt. Und der Auftakt der Saison 2016/17 wurde durch die Länderspielpause unterbrochen, bevor er richtig losgegangen war.

Was uns dann aber am ersten Champions-League-Spieltag geboten wurde, war schlimmer als 24er-EM und B-Team-Olympia zusammen. Hat die Champions League ihren Namen überhaupt noch verdient? 

Gleich drei große Klubs, Bayern, Barcelona und Dortmund, kriegten wehrlose Gegner zum Auftakt serviert! Toll für die Anhänger der Vereine – aber langweilig für neutrale Fußball-Fans. Spannung Fehlanzeige – stattdessen Schützenfeste gegen Fußball-Zwerge!

Bayern knallte Russland-Vize Rostow 5:0 aus dem Stadion, Dortmund verprügelte Polen-Meister Legia Warschau 6:0. Barca zerlegte die Schottland-Champions von Celtic Glasgow sogar mit 7:0 in seine Einzelteile.

32 Teams spielen in acht Vierergruppen um den Titel, aber wirklich um den Pokal spielen nur eine Hand voll. Neben Top-Teams wie Barca, Real und Bayern wird die Gruppenphase mit Kanonenfutter aufgefüllt – sie zieht sich bis zum Dezember. Erst ab dem Achtelfinale, frühestens, wird es wieder richtig spannend und die Fans bekommen Top-Niveau auf Augenhöhe.

Wo sich eigentlich Europas Fußball-Elite duellieren sollte, gibt’s Spiele mit massivem Klassenunterschied. Mega-Klubs gegen Fußball-Zwerge – Langeweile für die Fans. Und es wird immer heftiger. Das beweist auch die Statistik…

Seit 1992 gibt es die Champions League. Keinen der zehn höchsten Siege gab es in den ersten zehn Jahren des Wettbewerbs. Dafür gleich vier in den letzten drei Jahren…

Die 10 höchsten Siege der Champions League:

Real – Malmö 8:0 (2015)
Liverpool – Besiktas 8:0 (2007)
Barca – Celtic 7:0 (2016)
Bayern – Donetsk 7:0 (2015)
Borisov – Donetsk 0:7 (2014)
Bayern – Basel 7:0 (2012)
Valencia – Genk 7:0 (2011)
Zilina – Marseille 0:7 (2010)
Arsenal – Slavia Prag 7:0 (2007)
Juventus – Piräus 7:0 (2003)

Erschreckend: Für Top-Klubs wie Bayern oder Dortmund kann die erste Runde im DFB-Pokal inzwischen eine größere Herausforderung sein, als einige Duelle in der Champions-League-Gruppenphase. Klingt übertrieben? Ist es leider nicht…

Beim 3:0 im Pokal in Trier machte der Viertligist Trainer Thomas Tuchel (43) wesentlich mehr Probleme, als Warschau. Und auch in der Bundesliga wurde der BVB viel mehr gefordert! An den ersten beiden Spieltagen gegen Mainz und Leipzig kam Dortmund zusammen insgesamt 25 Mal zum Abschluss. Alleine bei Warschau waren es 29 Torschüsse.

Ist das der Königsklasse wirklich würdig?

Das Problem der sportlich verwässerten Qualität ist auch bei der Uefa schon länger Thema. Deshalb wird hinter den Kulissen schon an einer möglichen Lösung gebastelt.

Zur Saison 2018/19 hat die Uefa eine Reform auf den Weg gebracht. Dann werden die vier Top-Ligen Deutschland, England, Spanien und Italien vier feste Startplätze bekommen. 16 der 32 Gruppenplätze wären schon mal an Top-Teams vergeben.

Diese Reform soll eine Abspaltung der Top-Klubs und die Gründung einer Superliga verhindert haben. Zumindest dieses Horror-Szenario konnte die Uefa abwenden. Ohne die Spitzenteams wäre die Champions League dann nur noch ein Zwergen-Aufstand gewesen.

Die Uefa muss aber auch aufpassen, dass sie es sich nicht mit den kleineren Verbänden verscherzt. Ex-Präsident Michel Platini (61) warb bei den Fußball-Zwergen mit Champions-League-Startplätzen, holte sich auch so die Stimmen aus den kleineren Verbands-Mitgliedern. Wie es jetzt weitergeht, wird auch vom neuen Uefa-Präsidenten Aleksander Ceferin (48) abhängen.

Kurz nach seiner Wahl am Mittwoch sagte der Slowene bereits:

„Wir müssen uns mit der Champions League befassen. Wir brauchen den Dialog mit den Klubs. Ich glaube, dass sich die Situation verbessern wird.“

Dann kann man sich vielleicht auch irgendwann mal wieder auf die Gruppenphase der Königsklasse freuen…

Foto: David Flores / CC

Hinweis: Diesen Text habe ich – in leicht anderer Form – zuerst bei BILD.de veröffentlicht.

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