Danke Kobe, dass du mein Jordan warst

Kobe Bryant wechselte 1996 direkt aus der High School in die NBA, spielte dort 20 Jahre für die LA Lakers

Es gibt nur einen Sportler, von dem ich mir jemals ein Autogramm geholt habe. Vergangene Nacht hat er seine Karriere beendet. 

Mit dem 101:96 seiner Los Angeles Lakers gegen die Utah Jazz verlässt Kobe Bryant (37) nach 20 Jahren, alle im Trikot meiner heiß-geliebten Lakers, die NBA. Zum Abschied haut er 60 Punkte raus. Standesgemäß. Typisch Kobe. Twitter steht Kopf, Weltstars verneigen sich. Für mich persönlich beginnt eine neue Basketball-Zeitrechnung.

Als Kobe 1996 direkt von der Highschool in die NBA kam, war er für uns C-Jugend-Basketballer der BG Zehlendorf eine Phantom. Jedes NBA-Spiel live im Internet war noch Science Fiction. Die Ergebnisse der Liga holten wir uns aus dem Videotext. Ab und an gab’s Aufzeichnungen im DSF. Immerhin.

Aber hintergründige Informationen gab’s nur in den US-Basketball-Magazinen. Die waren aber in Deutschland so teuer, dass wir sie in Bahnhofsbuchhandlungen meist nur schwarz-lesen konnten. Klar, dass niemand von uns so richtig wusste, wer dieser Kobe eigentlich ist…

„Habt ihr gehört: Die Lakers haben einen 17Jährigen geholt“.

„Ja, der soll als Kind in Italien gelebt haben.“  

 „Seine Eltern haben ihn nach einem japanischen Steak benannt!“

„Der Typ soll der nächste Jordan werden!“

Der nächste Jordan? Hat Kobe dieses Versprechen jemals eingelöst? 

Man kann heute darüber diskutieren, ob Kobe auf einer Stufe mit dem legendären Michael Jordan (52), dem wohl besten Basketballer aller Zeiten, steht. Für mich ist diese Frage nicht wichtig: Denn Kobe Bryant ist mein persönlicher Michael Jordan!

Als Jordan 1984 in die Liga kam, war ich ein Jahr alt. Richtig bewusst, als Basketball-Fan, erlebte ich nur das letzte Drittel seiner Karriere. Kobe verfolgte ich von Anfang an. Von einem Phantom wurde er zur wichtigsten Figur meines Basketball-Lebens.

Seine Meisterschaften (2000, 2001, 2002, 2009 und 2010), sein 81-Punkte-Spiel (2006) aber auch die Vergewaltigungsvorwürfe (2003, später eingestellt) – Kobe war der erste Basketball-Star, von dem man – danke Internet – auch in Deutschland alles mitbekam. Ich konnte mit Kobe feiern. Ich konnte ihn bewundern. Ich konnte mit Kobe leiden…

Gestern Nacht saß ich in meiner Wohnung vor dem Fernseher. Rund 9000 Kilometer vom Staples Center in Los Angeles entfernt schaute ich Kobes letztes Spiel live in HD. Das Phantom aus der Zehlendorfer Schulturnhalle ist greifbar geworden…  

Neben mir auf der Couch lag ein Triokot der US-Basketball-Nationalmannschaft. Als ich 2008 vom Olympischen Basketball-Finale aus Peking (die USA besiegten Spanien 118:107) berichtete, ließ ich es mir anschließend von Kobe unterschreiben. Ich bin stolz, dass ich ihn live erleben durfte.

Nach 33 570 Punkten (Platz der der ewigen NBA-Scorerliste), 5 Meisterschaften und zwei Goldmedaillen hat er seine Karriere beendet. 

Kobe weiß noch nicht, was er machen wird. Ich weiß ganz sicher: Wenn ich ihm irgendwann mal wieder begegne, werde ich mir noch ein Autogramm holen. 

Mach’s Kobe. Danke, dass Du mein Jordan warst! 

 

Foto:  Basket Streaming /CC

Hinweis: Dieser Text erschien zuerst bei BILD.de

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